„Wie Navy SEALs führen und gewinnen“, so lautet der Untertitel zu diesem Buch. Und genau das beschreibt den Inhalt auf den Punkt. Jocko und Leif machen einen guten Job indem sie ihre Erfahrungen aus dem Irak-Krieg auf den (beruflichen) Alltag übertragen.
Aber fange ich mal von vorne an. Das erste Mal auf Jocko gestoßen bin ich durch ein YouTube Video eines Medienpodcasters, der sich über das Thema des frühen Aufstehens ausgelassen hat.
Jocko war Gast in dem Beitrag (den ich wieder gefunden habe und hier oberhalb eingebettet habe) um sein Buch „discipline equals freedom“ zu promoten. Unkompliziert habe ich dann mal gesucht und seinen Podcast gefunden und seine anderen Bücher. Mit einer niedrigen Hemmschwelle habe ich dann direkt sein Fieldmanual auf Spotify angehört und war angefixt. Nachfolgend als sanfte Literatur sein Kinderbuch „way of the warrior kid“ innerhalb von 3 Stunden gelesen und dann Extreme Ownership als Hörbuch auf Audible gekauft.
Bereits nach der Hälfte war ich so von den Ausführungen überzeugt, dass ich mir die deutsche Übersetzung als Buch geordert habe. ACHTUNG, die deutsche Übersetzung ist absolut unterirdisch! Ich habe sie zurückgeschickt und gegen das englische Original getauscht. Für alle, die gut genug Englisch sprechen, die absolut bessere Wahl (s.u.).
Buchkonzept und Inhalt
Das Buch gliedert sich in 3 große Abschnitte:
- Gewinne den Krieg in dir
- Gesetze des Kampfs
- Den Sieg bewahren
Wie man aus den Titeln ableiten kann, geht es zuerst um einen selbst, dann um die praktische Umsetzung und dann um die Nachhaltigkeit des eigenen Handelns.
Jocko und Leif haben sich dazu die einzelnen Kapitel aufgeteilt. Diese beginnen mit einer Geschichte aus ihrer Zeit im Irak, als sie die Führungsverantwortung für das SEAL-Team Three, Task Unit Bruiser, hatten. Sie schildern exemplarisch kritische Situationen aus denen dann im nächsten Segment ein Prinzip abgleitetet wird. Dieses wird herausgestellt und dann abschließend auf einen Businesskontext übertragen. Dieses Konzept funktionert meines Erachtens sehr gut. Etwas gewöhnungsbedürftig ist dabei vermutlich für den ein oder anderen der ausgeprägte Kriegsbezug. Nach einer Weile tritt das allerdings in den Hintergrund und man versteht sehr schnell weshalb gerade genau dieser Kontext so gut geeignet ist als Vorbild zu dienen.
Nirgendwo sonst, als im Kriegkontext, ziehen Fehler so fatale Konsequenzen für so viele Beteiligten nach sich. Zusätzlich sind diese Bilder für jeden Leser zu verstehen und die Lehren teilweise viele hundert oder gar tausend Jahre alt. Kein Wunder also, dass einem die ein oder andere Lehre schon bei den alten Griechen oder Römern schon begegnet ist.
Abschnitt 1 – Selbstführung
Die vier Kapitel in diesem Abschnitt setzen sich mit dem Übernehmen von Verantwortung (ownership) für sein eigenes Handeln und dem Handeln des Umfeldes (Mitarbeiter, Familie, etc.) auseinander. Konzepte, denen man auch schon bei Covey oder Jim Rohn begegnet ist.
Klarer wird es noch durch den Einfluss, den eine gute Führungsperson auf das Ergebnis aller Beteiligten hat, aber auch wie problematisch ein dominantes Ego sein kann, Ryan Holiday lässt grüßen.
Abschnitt 2 – Praktische Umsetzung
Spannende Konzepte, die sich logisch anhören, aber in der Praxis häufig untergehen, werden hier erläutert:
- Arbeitsteilung mit klarer Absprache und klaren Strukturen.
- Einfachheit in den Abläufen, denn Komplexizität kommt von ganz alleine.
- Priorisierung und Ausführung, also immer auf das wichtigste Problem fokusieren.
- Verteilte Führung im Sinne des Abgebens von Verantwortung durch Trennung von strategischen und taktischen Entscheidungen.
Klingt nach no-brainern, aber beim kritischen Beobachten des persönlichen (beruflischen) Umfelds merkt man wie sehr diese Prinzipien ständig verletzt werden. Insbesondere der letzte Punkt unterscheidet Unternehmen die ununterbrochen wachsen von denen die an ihrem eigenen Erfolg ersticken.
Abschnitt 3 – Nachhaltigkeit
Der dritte Abschnitt hilft bei der Entscheidungsfindung über den gesamten Prozess hinweg. Also von der Planung, über die Ausübung von Einfluss nach oben und unten in der „Befehlskette“, über das Thema des Treffen von Entscheidungen in unsicheren Situationen. Abschließend folgt Jockos Lieblingsthema „Discipline equals Freedom“ (Freiheit durch Disziplin), das er auch schon in einem neuen Buch ausführlicher behandelt.
Dieser Abschnitt hilft allen Lesern, die Schwierigkeiten haben „aus dem Quark zu kommen“, also Leuten wie mir. Die Prinzipien helfen Hemmungen abzubauen und loszulegen.
Fazit
Insgesamt lässt sich sagen, dass Jocko und Leif, für den deutschen Leser ggf. etwas schwer verdaulich, den Irak-Krieg sehr gut exemplarisch genutzt haben um ihre Erfahrungen gewinnbringend für einen beruflichen, aber auch persönlichen oder familiären Kontext nutzbar zu machen.
Vielleicht ist es gerade die militärische Direktheit, die unverblümt mit dem Vorschlaghammer einem seine eigenen und vielleicht auch die Fehler seiner Mitmenschen verdeutlicht. Nach der Lektüre hat man auf jeden Fall den Drang etwas zu verändern. Ganz besonders einen Punkt, der auch den Titel des Buches ausmacht, nämlich „Ownership“ zu übernehmen, also die Verantwortung für das eigenen Handeln an sich zu reissen und ggf. in der nächsten Stufe, wenn man sich daran gewöhnt hat, auch die Verantwortung für andere mitzuübernehmen.
Wenn das Buch dies leisten kann hat es sehr viel erreicht. In der Konsequzenz führt es damit zu mehr Leistung und einem besseren Miteinander.
Abschließende Anmerkung
Da es mich persönlich wirklich überrascht hat möchte ich hier noch einmal meine Position zu der deutschen Fassung von Extreme Ownership eingehen.
So fehlt bei dieser z.B. die Karte von Ar Ramadi, die gerade die Erzählungen über die Missionen in dieser Stadt, also auch die Bewegungen und die damit einhergehenden Gefahren für die Truppen, viel anschaulicher macht.
Auch sind die genutzen Vokabeln eher einem Comic oder Jugendbuch entsprungen (plärren, Halunken,…). Die Übersetzungen wirken hölzern oder wie von einem Computer. So wird „Application to Business“ mit „Geschäftliche Umsetzung“ oder „simulated combat field training exercise“ mit „simuliertes Kampfplatztraining“ übersetzt.